Jahresrückblick 2023

 

Liebe Interessenten, Förderer, Unterstützer und Freunde von Leben im Abseits,

 

noch immer gibt es keinen Frieden für die Menschen in der Ukraine und im Oktober begann ein weiterer furchtbarer Krieg in Israel und Palästina. Erneut fragen wir uns, wie es sein kann, dass so viel Hass und Gewalt zwischen Menschen herrschen kann. Niemand kann im Krieg Gewinner sein, alle sind Verlierer.

Trotz dieser schrecklichen Ereignisse versuchen wir, kurz vor dem Jahreswechsel, ein Resümee zu ziehen und den Blick auf die Dinge zu lenken, die uns in diesem Jahr beschäftigt und bewegt haben.

Das Jahr begann mit einer Schockmeldung. War der Santa Pauli Weihnachtsmarkt zur Weihnachtszeit noch der Ort für Feiern, Stöbern, Treffen mit Freunden und Party wurde er zu Beginn des Jahres zu einem traurigen Ort. Beim Abbau der Weihnachtsmarkthütten ist ein toter, obdachloser Mann entdeckt worden. Versteckt hinter Holzbrettern ist er einsam gestorben. Immer mehr Menschen verelenden und sterben auf der Straße in einer der reichsten Städte Deutschland. Nur hat die Stadt Hamburg leider nicht den Willen, einen Paradigmenwechsel der Obdachlosenpolitik vorzunehmen.

Stattdessen setzt Hamburgs Senat, gemeinsam mit der Hamburger Polizei, der Bundespolizei und der Hochbahnwache, auf die Vertreibung von obdachlosen Menschen aus der Innenstadt. Rigoros werden die Menschen vom Hauptbahnhof vertrieben und erhalten Platzverweise. Für Straßensozialarbeiter sind die Menschen dann unauffindbar und andere Stadtbezirke erleben dadurch lebhaften Zulauf. Die Probleme werden also nicht gelöst, sondern lediglich verlagert. Und alles auf dem Rücken der obdachlosen Menschen.

 

An diesem Zustand ändert auch die neue Sozialsenatorin, Melanie Schlotzhauer, nichts. Die Hoffnungen auf eine verbesserte Obdachlosenpolitik mit einer neuen Sozialsenatorin haben sich leider nicht erfüllt und noch immer beharrt die Sozialbehörde Hamburg darauf, dass Hamburg ein ausreichendes Hilfesystem hat.

 

Seit dem 1. Mai 2021 gibt es im Bezirksamt Mitte kostenlose Ausweise für obdachlose Menschen. Mit einem Ausweis stehen und fallen alle weiteren Schritte, um ein Leben zurück ins Regelsystem zu starten. Die Ausgabe der gebührenfreien Ausweise war bis Ende 2022 befristet. Umso mehr haben wir uns gefreut, dass diese Aktion für zwei weitere Jahre genehmigt wurde.

 

Im Februar feierte unsere neue Ausstellung „ÜBER ● LEBEN - Im Schatten des Glanzes“ in der Zentralbibliothek Hamburg ihre Premiere. Im Anschluss wurden unsere Bilder in der KUNSTKLINIK Eppendorf ausgestellt. Dort fand parallel eine Lesung aus unserem Buch UNTER DEM RADAR statt. Im November konnten wir uns über eine Ausstellung unserer Bilder im Rathaus Altona freuen.

Im März wurde seitens der Eisbademeisters eine Spendenaktion für uns durchgeführt. Die tapferen Menschen sind selbst bei Minusgraden in die Elbe gesprungen. Diese Aktion hat die Öffentlichkeit auf das unerträgliche Leid obdachloser Menschen aufmerksam gemacht. Dank großzügiger Spender kam eine großzügige Spendensumme zusammen.

 

Endlich konnten wir auch wieder Live in Schulen und Einrichtungen zum Thema Obdachlosigkeit und Bedürftigkeit Workshops durchführen. Präventions- und Bildungsarbeit ist ein bedeutender Teil unserer Tätigkeit. Jugendliche und Kinder sind sehr offen für das komplexe Thema Obdachlosigkeit und werden durch projektbezogene Schulungen und Referate für Ihre Mitmenschen, die im Abseits leben, sensibilisiert. Hier können wir ein „Umdenken“ in der Gesellschaft möglichst frühzeitig erreichen und der Stigmatisierung von Obdachlosigkeit entgegenwirken.

Auch konnten unsere Hamburger Dialoge zum Thema Obdachlosigkeit stattfinden. Referenten aus unterschiedlichen Fachgebieten gingen mit interessierten Gästen in den Dialog.

 

Während der Hitzeperiode in diesem Sommer war die Verteilung von Wasser und Sonnenschutzmitteln unsere tägliche Aufgabe. Die Menschen auf der Straße haben sehr unter der Hitze und den fehlenden Rückzugsmöglichkeiten gelitten. Die Gesundheitsbehörde Hamburg traf in einem Interview die Aussage, dass der Senat trotz der großen Hitzewelle keinen Handlungsbedarf sieht! Einfach unfassbar.

Mitten im Herzen Altonas wurde im Juni der Grundstein für etwas Neues gelegt – Raum für Hoffnung: Rund um die Hauptkirche St. Trinitatis wächst nun das Trinitatis Quartier. Mit Gemeindehaus, Sozialwohnungen, einer Kita, einer Herberge, einem Café als Begegnungsstätte sowie einem von Reimund C. Reich mit einer Großspende versehenen Haus mit Wohnungen für ehemals obdachlose Menschen. Leben im Abseits wird anteilig bei der Belegung der Wohnungen und der Betreuung der Bewohner nach dem Ansatz „Housing First mitwirken. Wir sind unglaublich glücklich, einigen von ihnen bald selbst Wohnraum anbieten zu können und danken der Reimund C. Reich Stiftung sehr, die mit der Schaffung dieser Wohnungen wirkliche Räume für Hoffnung schafft. Und auch das Richtfest fand bereits im November statt.

Wir sind unendlich dankbar, dass wir bei der Finanzierung unseres Projektes „Der Schritt Vorwärts - Ein Weg aus dem Abseits“ so großartig von Ihnen unterstützt werden. Wir konnten dem Hotel Schanzenstern die Unterbringung auch ins Jahr 2024 hinein abstimmen.

 

Das Projekt organisiert und finanziert die Einzelunterbringung sowie Betreuung obdachloser Menschen für einen Übergangszeitraum in Einzelzimmern im Hotel Schanzenstern Altona. Seit Projektbeginn konnten bisher 21 Menschen in Wohnraum vermittelt werden.

Vielen obdachlosen Menschen haben wir auch in diesem Jahr mit unserem Sozialfonds finanziell bei der Beschaffung von Ausweispapieren, Fahrkarten etc. unter die Arme greifen können. Nach wie vor sind wir täglich auf der Straße unterwegs, um nach den obdachlosen Menschen zu schauen, sie ggf. an andere Einrichtungen zu vermitteln oder mit ihnen und erfahrenen Sozialarbeitern den Weg zurück ins Regelsystem zu planen. Sehr auffällig ist hier, dass die Anzahl der Menschen auf der Straße stetig steigt und die zunehmende Verelendung der Menschen ebenfalls stark sichtbar ist.

Ihnen allen sagen wir nochmals herzlichen Dank für die Unterstützung in Form von Spenden, Worten und Sachmitteln. Es ist wunderbar, Sie alle bei dieser wichtigen Arbeit an unserer Seite zu haben. Nur durch Ihre Unterstützung ist es uns möglich, unsere Arbeit leisten zu können. Das ist uns täglich bewusst und dafür danken wir Ihnen so sehr.

Der Winter stellt uns, wie in jedem Jahr, alle vor große Herausforderungen. Die Stadt Hamburg bleibt, unverständlich für uns, bei der Unterbringung in Massenunterkünften. Des Weiteren müssen alle obdachlosen Menschen die Notunterkünfte am Morgen verlassen und dürfen erst ab 17 Uhr wieder in die Unterkunft. Wir werden also schauen, wie wir die Menschen auf der Straße mit dem Notwendigen weiterhin unterstützen können. Der alljährliche Tag der Begegnungen im Millerntor-Stadion findet nun im Februar statt, nach der Weihnachtszeit, in der es Veranstaltungen und Angebote im Überfluss gibt.

 

Wir sagen nochmal Danke schön, für Ihre große empathische und finanzielle Hilfe, für Ihr Engagement sowie Ihr anhaltendes Interesse und Ihre Würdigung unserer Arbeit. Wir hoffen, Sie bleiben auch im kommenden Jahr an unserer Seite.

 

 

 

Jetzt wünschen wir Ihnen und Ihrer Familie erstmal eine schöne Weihnachtszeit, erholsame Festtage sowie ein glückliches und gesundes Jahr 2024.

 

 

 

Das Team von Leben im Abseits e. V.